Die Vereinigten Staaten sind in die Rezession gerutscht; das US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist nun zwei Quartale hintereinander gefallen . Die Finanzkrise hat auch offiziell die US-Wirtschaft erfasst. Auswirkungen sind bereits in den meisten Ländern der Welt zu spüren. Die internationale Perspektive sei hier beiseite gelegt, da mich eine andere politische Komponente der Wirtschaftskrise in den USA interessiert. Wie schon in anderen Artikeln beleuchtet durchblick Nordamerika die US-Gesundheitspolitik und die Chancen auf Verbesserung nach den Wahlen 2008 in den USA. Aktuell ist die US-Regierung an allen Fronten damit beschäftigt den Bankensektor zu stützen und die Konjunktur wieder aus dem Graben zu ziehen. Der designierte US-Präsident Barack Obama hat bereits alle Sparziele in der kurzen Frist über Bord geworfen und will durch Ausgabenpolitik die Wirtschaft aus der Rezession holen. Ein wichtiger Aspekt und hoher Kostenfaktor ist dabei die Frage der Krankenversicherung in den USA. Im Folgenden werde ich darlegen, warum es extrem wichtig wäre jetzt eine allgemeine Krankenversicherung einzuführen – in welcher Form auch immer.
Dass in einem wohlhabenden Land etwa 16 Prozent der legal dort lebenden Bevölkerung (insgesamt 47 Millionen, Tendenz steigend) keine Krankenversicherung und damit keine gesundheitliche Grundversorgung und Vorsorge hat, kann nicht hinnehmbar sein (Commonwealthfund kommt zu noch haarsträubenderen Ergebnissen). Erstens ist dies ethisch inakzeptabel, zweitens haben Amerikaner eine geringere Lebenserwartung als Bürger aus Staaten wie Kanada oder Deutschland, und drittens führt es zu erheblichen Mehrkosten. Durch die mangelnde Vorsorge kommt es nämlich zu vielen teuren Notfallversorgungen, die Krankenhäuser durchführen müssen, auch wenn Patienten nicht versichert sind. Die oftmals vier- oder fünfstellige Rechnung für eine Notfallbehandlung erhält zunächst der Patient. Es ist kaum bekannt, dass laut einer Studie etwa die Hälfte der privaten Insolvenzen in den USA auf erdrückende Schuldenlasten durch Arzt-/Krankenhausrechnungen sowie hohe Krankenversicherungspolicen zurückzuführen sind. Abgesehen von den Wohlfahrtsverlusten steigen somit auch die Kosten für den Staat. Insbesondere im Vergleich mit Staaten, welche eine universelle Krankenversicherung gewährleisten sehen die USA sehr schlecht aus.
Das Problem vergrößert sich durch die aktuelle Rezession: Durch ein sinkendes BIP steigt die Arbeitslosigkeit stark an. Ungünstigerweise ist die Krankenversicherung fast ausschließlich an den Arbeitgeber gebunden. Ein Verlust des Arbeitsplatzes bedeutet also fast immer auch einen Verlust der Krankenversicherung, zumal oft die ganze Familie über den Arbeitsplatz des Hauptverdieners versichert ist und bei Verlust der Arbeitsstelle unversichert ist. Private Gesundheitsvorsorge ist dann kaum zu bezahlen, zumal die Arbeitslosenversicherung als Einkommensquelle in der Arbeitslosigkeit in den USA weniger umfangreich in punkto Auszahlungshöhe ist. Außerdem haben die Versicherten je nach Bundesstaat höchstens ein halbes Jahr lang Anspruch auf die Gelder.
Die künftige Obama-Administration würde gut daran tun, schnell eine umfassende Gesundheitsreform auf den Weg zu bringen. Die Vorteile schnellen Handels sind einfach aufzuzählen. Präsident Obama hat ein robustes Mandat um Reformen einzuleiten. Durch die große demokratische Mehrheit im Kongress ist die Chance groß, dass Gesetze in seinem Sinne verabschiedet werden. Schnelles Handeln ist nötig, da die nächste Kongresswahl in weniger als zwei Jahren ansteht und sich Mehrheiten zu seinen Ungunsten verändern könnten. Mit dem für das Amt des Gesundheitsministers nominierten Tom Daschle hat Obama zudem einen bestens in Industrie und US-Senat vernetzten Ex-Senator und Mehrheitsführer im Aufgebot, der sich besonders zu Gesundheitspolitik hervorgetan hat. Er sollte in der Lage sein, sowohl die Totalopposition der Gesundheitsindustrie zu verhindern, als auch Mehrheiten im Senat zu organisieren. Des Weiteren ist es durch die verschiedenen Rettungs- und Konjunkturpakete im Moment möglich Geld in die Hand zu nehmen, denn zweifellos wird eine Gesundheitsreform schon durch zusätzliche bundesstaatliche Unterstützungsmaßnahmen viel Geld kosten. Nicht zuletzt würde die Konjunktur gestützt, wenn die Krankenversicherungskosten für den Staat, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer langfristig gesenkt werden. General Motors beispielsweise ächzt unter der Last der Versicherungskosten seiner Arbeiter und Angestellten und hätte eine Entlastung dringend nötig. Durch sinkende Kosten könnte die Schaffung neuer Jobs erleichtert werden.
Auch wenn der große Wurf einer allgemeinen staatlichen Krankenversicherung nicht einmal geplant ist, so wäre doch wenigstens eine umfassendere Krankenversicherung, in der der Staat regulativ und unterstützend eingreift, ein Fortschritt. Abgesehen von der Finanzierung sollte der Erfolg des Systems vor allem an der Quote der Nicht-Versicherten und an der Verbesserung des allgemein messbaren Gesundheitszustands der Amerikaner (vgl. Graphiken) gemessen werden.
@ Julia
Wenn ich sage der große Wurf sei nicht einmal geplant meine ich, dass die künftige Obama Administration sich bemühen wird existierende Programme auszuweiten und vor allem darum besorgt sein wird, die existierenden Formen privater Krankenversicherung zu erhalten, damit die ganze Reform nicht wieder wie 1993 von der Industrie blockiert und abgesägt wird. Das effizienteste System wäre ohnehin, ein staatliches, Steuer finanziertes Krankenversicherungssystem, wie es in Skandinavien, England und Kanada in Ansätzen existiert. Das ist aber selbst unter aktuellen Mehrheitsverhältnissen in den USA nicht durchsetzbar. Tom Daschle wird sich nicht die Finger daran verbrennen und stattdessen ein schönes inkrementales, d.h. Flickenteppich-System unterstützen. Krugman fordert ‚think big‘, die künftige Adminstration agiert wahrscheinlich nach dem Credo ‚think responsably‘. Tja, Hauptsache ist, dass es am Ende eine allgemein Krankenversicherung gibt. Das wird aber ein weiter Weg, der noch mehr Geld kostet.
Gruß,
Lüdde
Interessanter Beitrag. Es bleibt zu hoffen, dass das Thema Krankenversicherungsschutz nicht durch andere Brennpunkte auf der Agenda nach unten durchgereicht wird.
Ein äußerst wichtiger Punkt, den du ansprichst, sind die Konsequenzen aus dem Umstand, dass der Versicherungsschutz oft an den Arbeitsplatz gekoppelt ist. Besonders in wirtschaftlich schwachen Zeiten öffnet dieses System somit ein Loch im Versicherungsschutz. Haushalte mit nur einem erwerbstätigem Familienmitglied verlieren den Schutz nicht nur für eine Person, sondern für die komplette Familie. Die Situation für Alleinerziehende ist weitaus brisanter. Die derzeitige Rezession und die mit ihr verbundene Ressourcenverknappung im öffentlichen Geldbeutel sowie die schlechten Job-Aussichten erschweren diese Situation unendlich mehr.
Die Frage wird (hoffentlich) nicht sein, ob ein Ausbau des Systems überhaupt geschieht, sondern wie groß der Schritt der neuen Regierung in Richtung Erweiterung des derzeit unzulänglichen Krankenversicherungssystem sein wird.
Hoffen wir, dass von den guten Ansätzen noch nennenswert viel übrig bleibt, bis die Reform durchgesetzt ist. Momentan scheint es so, als wäre schon so manches auf der Strecke geblieben. Durch den Verlust von Ted Kennedy (R.I.P.) fehlt Obama nun noch ein zentraler Unterstützer in dem Bereich.
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